Faszinierende Kulturen und deren Geschichten und Kulturen unter den Füßen
Teppiche sind nicht nur praktisch, sondern auch Zeugnisse der Kultur, aus der sie kommen. Sie erzählen Geschichten und Traditionen von Generationen. Während viele von uns die klassischen Perserteppiche, Orientteppiche oder moderne Designer Teppiche kennen, gibt es eine ganze Welt voller weniger bekannter Teppichtraditionen, die darauf warten, entdeckt zu werden. Machen Sie mit mir eine Reise um die Welt, um die faszinierenden Geschichten hinter diesen außergewöhnlichen Teppichen zu entdecken. Los geht's ✨.
Die Klassiker
Persien: Der Ursprung der Teppichkunst
Die persischen Teppiche gelten als Inbegriff von Eleganz und Handwerkskunst. Ihre kunstvollen Muster und lebendigen Farben haben sie zu einem Symbol für Luxus gemacht. Ursprünglich wurden diese Teppiche von Nomaden gewebt, um Schutz vor der Witterung zu bieten. Heute sind sie Sammlerstücke und zeitlose Dekorationsgegenstände. In Moscheen liegen die größten ihrer Art und die größten Teppichen der Welt. Hierzu erfahren Sie mehr in unserem Beitrag Spannende Fakten über Teppiche.
Marokko: Berberteppiche
Marokkanische Berberteppiche sind bekannt für ihre schlichte Schönheit und minimalistischen Muster. Gewebt von den Berberstämmen, erzählen diese Teppiche Geschichten aus dem Alltag und den Traditionen der Weberinnen. Sie passen perfekt in moderne Einrichtungsstile wie Boho oder Scandi.
Weniger bekannt: Entdeckungen aus anderen Kulturen
Skandinavien: Röllakan-Teppiche und nordische Handwerkskunst
Die „Röllakan” kommen aus Schweden und sind ein gutes Beispiel für die schlichte Eleganz der nordischen Handwerkskunst. Diese flach gewebten Teppiche zeichnen sich durch geometrische Muster und natürliche Farben aus. Sie entstanden im 18. Jahrhundert und wurden oft als Wandbehänge oder für besondere Anlässe genutzt. Heute sind sie ein Symbol für skandinavisches Hygge und finden ihren Platz in modernen Wohnräumen.
Fun-Fact: Der Name kommt vom mitteldeutschen Ruggelakan, dem Rückenlaken. Vermutlich kam der Name daher, dass man diese Gewebe auch dafür hergestellt hat, um Stuhllehnen gemütlicher zu machen.
Als zu Hause selbst gemachte Teppiche, ist ihre Machart bis heute vergleichsweise einfach. Sie können ein- oder beidseitige Musterungen haben und werden klassisch mit Schuss- und Kettfaden gewebt. Allerdings zeigen sich in neuerer Zeit hinzukommende Techniken, wie beispielsweise das verschlingen aufeinander treffender Schussfäden.
Zentralasien: Turkmenische Teppiche als Statussymbol
In den Steppen Zentralasiens weben turkmenische Stämme seit Jahrhunderten Teppiche, die weit mehr als nur Bodenbeläge sind. Diese handgeknüpften und kostbaren Kunstwerke dienten als Statussymbole und wurden oft bei Hochzeiten als Mitgift verwendet und für besondere Anlässe ausgerollt.
Das war vermutlich auch der Fall, als der berühmte Pionier der Farbfotografie, Sergei Prokudin-Gorski, irgendwann zwischen 1905 und 1915 das folgende Foto aufgenommen hat.
Afrika: Kente-Textilien und gewebte Matten
Das obige Foto zeigt, wie ein Band „Kente” gewebt wird. Diese farbenfrohen Textilien werden in Ghana traditionell hergestellt und sind ehrlich gesagt keine Teppiche, sondern handgewebte Stoffe, die oft als zeremonielle Kleidung verwendet werden. Das ist, unseres Wissens nach, zumindest in Ghana der Fall, denn in der großen und vor allem vernetzten Welt, inspirieren die traditionellen Muster afrikanischer Kulturen auch das Design von Teppichen. Zumindest haben wir schon welche gesehen, die die eindeutigen Muster des Kente tragen.
Lateinamerika: Die gewebten Teppiche der Andenvölker
In den Anden haben die Völker der Inka und ihrer Nachfahren eine reiche Tradition des Textilhandwerks. Diese reicht von der präkolumbischen Zeit, über des Kolonialismus bis ins heutige Peru und Ecuador. Schon die Inka vermochten es besonders feine Stoffe mit detaillierten Musterungen zu schaffen. Ihre Teppiche waren aber aus sehr groben Stoff gemacht, den sie „Chusi” nannten. Diese sollen aus teils fingerdicken Strängen gemacht worden sein.
Das zeigt vermutlich, dass die feine Webkunst eher dem Schneiderhandwerk vorbehalten war, doch das blieb so nicht. Der Einfluss der Kolonialzeit und die heutige Rückbesinnung auf das eigene traditionelle Design, lassen das Teppichhandwerk in den Anden aufs Neue fortleben.
Durch Zufall sind wir auf das Unternehmen artAndes gestoßen. Hier setzt man sich, zusammen mit der eigenen Stiftung, dafür ein, peruanischen und ecuadorianischen Dörfern zu helfen. Zum einen findet das durch respektvollem Tourismus statt und zum anderen durch – raten sie mal – Teppiche! Schauen Sie sich mal diese wunderschönen Teppiche an: https://artandes.com/ (eng.)
Großbritannien: Axminster-Teppiche
Im 18. Jahrhundert revolutionierten Axminster-Teppiche das europäische Teppichhandwerk. Diese luxuriösen, maschinell hergestellten Teppiche aus England kombinierten leichte, florale Muster mit ganz neuen Webtechniken. Axminster-Teppiche waren der angesagte Bodenschmuck in den Schlössern und Herrenhäusern ihrer Zeit.
Für Laien ist der der Unterschied kaum mit dem bloßen Auge zu erkennen. Um Ihnen aber doch ein interessantes Beispiel zu zeigen, haben wir dieses Bild herausgesucht: Der Teppich im Sitzungssaal des US-Senats. Diese wurde von einem lokalen Teppichmacher als Axminster-Teppich gefertigt und wird wie folgt beschrieben:
„Der Teppich im Sitzungssaal des Senats zeigt im Zentrum das Große Siegel, das von den Siegeln der ursprünglichen 13 Staaten umgeben ist, angeordnet von Norden nach Süden. Symbole für Freiheit und Gerechtigkeit verbinden alle Staaten miteinander.”
Frankreich: Savonnerie- und Aubusson-Teppiche
Die Savonnerie-Manufaktur in Frankreich ist berühmt für ihre kunstvoll geknüpften Teppiche. Im 17. bis 18. Jahrhundert war sie eine königliche Einrichtung für das Knüpfen von Teppichen. mit Werkstätten in Paris und Lodève. Dort wurden barocke Kunstwerke geschaffen, welche die Schlösser des Adels zierten. Der Name geht darauf zurück, dass die Manufaktur viele Jahre in einer ehemaligen Seifenfabrik untergebracht war und „Savon” heißt nun mal Seife auf Französisch. Der Begriff „Savonnerie” ist bis heute ein Synonym für in Europa geknüpfte Textilien.
Die französische Region Aubusson ist berühmt für „Bildwirkerei” und der daraus entstehenden „Tapisserie”… aber nicht zu verwechseln mit „Teppichwirkerei”!Klingt verwirrend 🤔? Wir erklären das mal in aller Kürze 🧐: Sie kennen sicher Wandteppiche wie Gobelins, welche die Wände alter Schlösser zieren. Diese Wandteppiche werden auch Tapisserie genannt, denn echte Gobelins sind nur die aus der originalen Gobelinmanufaktur in Paris – quasi ein Markenname, wenn man so will.
Das Wort „Bildwirkerei” kommt aus dem Mittelalter und beschreibt, „ein Bild hinein zu wirken”. Dieser Prozess ist das bedeutsame und das, was die Region Aubusson weltberühmt gemacht hat. Ähnlich wie beim Weben wird ein Webrahmen oder ein Webstuhl verwendet. Allerdings gibt es keine Register sonder mit einem Schiffchen wird immer nur die jeweilige Farbfläche gewebt. Kommt eine andersfarbige Fläche, wird ein Schiffchen mit einem anderen Garn verwendet. Mit dieser Technik haben Menschen schon früh die wundervollsten Motive in Textilien gebracht, beziehungsweise „gewirkt”.
Zentralasien: Filzteppiche (Shyrdaks)
Die Nomaden Zentralasiens haben eine lange Tradition in der Herstellung von Shyrdaks, handgefilzten Teppichen mit faszinierenden Mustern. Diese Teppiche sind nicht einfach nur dekorativ, sondern extrem strapazierfähig und isolierend – perfekt für das Leben in der rauen Steppe. Heute werden sie zunehmend als Designobjekte in modernen Interieurs geschätzt. Traditionell waren sie auch ausschließlich zweifarbig: rot und grün und teils ungefärbte Partien, doch seit dem Aufkommen von Tourismus und Handel in den 60ern, werden auch mehrfarbige Designs angeboten.
Diese dicken Teppiche werden durch Nassfilzen der Wolle verschiedener Tiere (Schafe, Ziegen, Yaks) in mühevoller Handarbeit hergestellt. Die Arbeit wird vor allem von Frauen geleistet. Nach dem Färben werden Partien übereinander gelegt, Muster mit Kreide aufgezeichnet, ausgeschnitten und vernäht. Es liegen immer zwei Farben übereinander, so dass am Ende immer zwei gleich gemusterte und gegensätzlich farbliche Teppiche entstehen. Die Muster bekommen eine optische Tiefe, indem ihre Ränder abgesteppt werden. Sie erscheinen einem abstrakt, sind aber tatsächlich traditionelle Symbole für Tiere und Pflanzen der Steppe.
Nordamerika: Navajo-Teppiche
Die Navajo-Teppiche der indigenen Völker im Südwesten der USA sind berühmt für ihre symbolischen Muster und kräftigen Farben. Sie werden in aufwendigen Techniken von Hand gewebt und erzählen Geschichten von Spiritualität und Gemeinschaft. Heute sind sie begehrte Sammlerstücke und Ausdruck indigener Kultur. Ihre Designs werden unseres Wissens nach selten kopiert. Eher finden sich die Musterungen in modernen Design-Adaptionen wieder.
Mexiko: Zapotec-Teppiche aus Oaxaca
In Oaxaca, Mexiko, weben die Zapotec-Völker Teppiche aus natürlicher Wolle, die mit Pflanzenfarben gefärbt werden. Ihre Muster sind oft von der Natur inspiriert und symbolisieren kulturelle Werte und Traditionen. Diese Teppiche sind nicht nur schön, sondern auch ein Ausdruck von Nachhaltigkeit und Handwerkskunst
Das folgende Foto stammt von den „Freunden der Oaxaca-Volkskunst” im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca. Es zeigt zwei unterschiedliche Varianten diese faszinierenden Teppichkunst.
Teppiche als „kulturelle Brücken”
Jap, das Wortspiel war Absicht 😋, aber es ist. Jeder Teppich erzählt eine Geschichte – sei es die Geschichte einer Kultur, eines Handwerks oder einer Gemeinschaft. Indem wir die Vielfalt der Teppiche aus der ganzen Welt entdecken, verbinden wir uns mit den Traditionen und dem Erbe der Menschen, die sie hergestellt haben. Ob Sie nach einem dekorativen Stück suchen oder einfach mehr über die Welt der Teppiche erfahren möchten, es gibt immer etwas Neues zu entdecken.
Bilder: Titlebild von Carpet:Center, Gemälde aus dem Dogenpalast, Amazigh_Man, Wolfgang Sauber, I99pema, Sergei Prokudin-Gorskii, NPS photo, Toutaitanous, Sarah Stierch, Navajo artist, Friends of Oaxacan Folk Art